His Dark Materials Teil 2: Parallelwelten und Das Magische Messer

In der Reihe His Dark Materials existieren Millionen von Welten nebeneinander: Manche Welten sind voller herumziehender Kinderbanden, deren Eltern von Gespenstern gejagt werden, andere hingegen werden von intelligenten Tieren auf Rädern bevölkert und dann gibt es noch die unsere. Aus dieser stammt der zwölfjährige Will Parry, dessen Flucht vor unbekannten Männern ihn im Magischen Messer erst nach Oxford und von da noch viel weiter weg, in eine andere Welt, treibt. Um ihn, um die Zugänge der Parallelwelten und welche Rolle dabei ein alles durchschneidendes Messer spielt, dreht sich der heutige Beitrag. Bevor es los geht, eine Spoiler Warnung für diejenigen unter euch, die Aspekte des zweiten Buches nicht vorweggenommen haben wollen.

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Ganz zufällig hat Will einen Eintritt in eine andere Welt gefunden. Im Norden von Oxford bemerkt er an einer Straßenseite eine Katze, die plötzlich verschwindet. Verwirrt geht Will an die Stelle und erst da bemerkte er es, als er in einem bestimmten Winkel steht, was er vom weiten nicht sehen konnte:

„Es sah aus, als hätte jemand etwa zwei Meter vom Straßenrand entfernt ein Stück aus der Luft herausgeschnitten, ein ungefähr viereckiges Stück von weniger als einem Meter Höhe. Wenn man genau daneben stand, es also von der Seite sah, war es beinahe unsichtbar, und von hinten konnte man es überhaupt nicht sehen. Man sah es nur von der Straße zugewandten Seite, und selbst von da nur mit Mühe, weil in dem Ausschnitt genau dasselbe zu sehen war, wie davor: ein Stück Rasen, beleuchtet von einer Straßenlaterne“ (Buch 2, S. 22)

Neugierig klettert er durch den unscheinbaren Eingang in eine andere Welt. Die Stadt, die er dort vorfindet, ist wie leer gefegt. Hier trifft er auf Lyra. Lord Astriel hat mit seiner Opferung eines Kindes Ende des ersten Bandes eine Brücke zwischen den Welten erschaffen. Diese Tat führte zu einer Verschiebung der Öffnungen, wie Will eine entdeckt hat. Er und Lyra lernen zwei Kinder kennen, von denen sie erfahren, dass die Stadt, in der sie sich befinden, Ci`gazze heißt und dass die Stadt voller Gespenster ist. Sie sind für die Kinder unsichtbar, für die Erwachsenen sind sie hingegen gefährlich. Ähnlich der Dementoren aus Harry Potter saugen sie den Erwachsenen alles Leben heraus, sie werden blass und hören auf sich zu bewegen: „Sie leben zwar noch, aber sie sind wie von innen leergefressen. Durch ihre Augen sieht man die Rückseite ihrer Köpfe von innen. Da ist nicht drin.“ (Buch 2, S. 73).

Die Gespenster verschonen nur die Kinder und ein Heilmittel gegen sie gibt es nicht, weswegen es in dieser Welt immer mehr Gespensterweisen gibt. Doch was sind die Gespenster und wo kommen sie her? Das hat mit einem besonderen Turm zu tun, den Turm der Engel und einer Scharr Philosophen vom Torre delgi Angeli. Diese Bebauung befindet sich in Ci´gazze und in diesen Turm klettern Will und Lyra. Dort stoßen sie auf einen alten verletzten Mann und einem jungen Mann mit einem Messer, einer matten, rund zwanzig Zentimeter langen Klinge. Dabei handelt es sich um ein Magische Messer, wie ihnen Giacomo Paradisi, der alte Mann, erzählt. Es kommt zu einem Kampf, durch den der Jüngere vom Dach stürzt und von den Geistern geholt wird und Will das Messer erlangt. Ohne es zu wollen wird er zum Träger, wie ihm Paradisi mitteilt. Er hat drei Finger verloren, dass ihn als neuen Träger kennzeichnet (vgl. Band 2, S. 206). Mit den verlorenen Fingern liegt es perfekt in seiner Hand. Engel mit ausgebreiten Flügeln schmücken die Seite des Griffs, viele verschiedenen Farben umgeben die Klinge: „verschiedene Töne von Violett, Meerblau, Erdbraun und Wolkengrau, ein tiefes Grün wie unter dichtbelaubten Bäumen und ein Grau wie von Schatten am Eingang einer Gruft, wenn sich der Abend über einen verlassenen Friedhof senkt – wenn es so etwas wie Schattenfarben gab, dann auf der Klinge dieses Magischen Messers“ (Buch 2, S, 207).

Die Klinge hat zwei verschiedene Schneiden, die eine aus „blitzendem Stahl, der zur Klinge hin mit den geheimnisvoll schillernden Schattenfarben verschmolz“ (Ebd.) und ausgesprochen scharf war. Sie schneidet durch jeden Stoff. Die andere besitzt magische Kräfte und ermöglicht es, Öffnungen zwischen den Welten zu schneiden. Um dies zu machen, muss sich der Träger, in dem Fall Will, entspannen und seine Gedanken langsam die Klinge entlang zur Spitze wandern lassen, dann gleitet Will mit dem Messer durch die Luft, wenn er etwas spürt muss er das Messer dort hineinstecken und daran entlang fahren:

„Diesmal war es leichter. Er wusste, wonach er suchen musste, da er es schon einmal gespürt hatte, und in weniger als einer Minute hatte er die merkwürdige kleine Unebenheit wieder gefunden. Es war, als suche er mit der Spitze eines Skalpells den Spalt zwischen deinem Stich und dem nächsten. Er tastete, zog die Spitze wieder zurück, tastete wieder, um ganz sicher zu sein, und dann tat er, was der Alte gesagt hatte, und schnitt mit der silbernen Schneide nach beiden Seiten.“ (Band 2, S. 211)

Die Sache mit dem Schneidend er Öffnungen ist, wenn man sich in einem hohen Turm befindet und ganz oben einen Eingang schneidet, landet man auch in der anderen Welt ganz oben und je nachdem, ob dort an der Stelle ein Gebäude ist oder nicht, in der Luft. Wichtig dabei ist, die Öffnungen wieder zu schließen, indem mit den Fingerspitzen zu dem Rand ertastet- und dann zusammengedrückt werden muss. Und hier kommen wir zu einem wichtigen Punkt: Die Philosophen vom Torre degli Angeli, die das Magische Messer hergestellt haben, haben nicht immer alle ihre Öffnungen wieder verschlossen und so existieren überall kaum wahrnehmbare Eingänge zwischen den Welten, was fatale Folgen für das Gleichgewicht der Welten hat, denn dadurch strömt der magische Staub fort. Damit jede Welt im Einklang bestehen bleiben kann, muss Will jedes Tor, bis auf ein ganz bestimmtes, Ende des letzten Bandes für immer schließen. Er wird mit Lyra, die das Alethiomether lesen kann, zu einer entscheidenden Figur für die Geschichte, denn dass das Magische Messer hat viele Namen, darunter auch „Gotteszerstörer“. Große Macht geht von dem Gegenstand und seinem Träger aus, daher hat es Lord Astriel als Ziel, ihn für seine Sache, den Kampf gegen die Hohe Instanz zu gewinnen. Was sich damit und mit dem Staub genau auf sich hat, darum geht es in den nächsten Beiträgen. Hier kommt ihr zum ersten Beitrag der Reihe, indem ich euch Lyras Welt mit ihren Wesen vorgestellt habe.

 Findet ihr das Detail Reichtum von His Dark Materials auch so faszinierend und das Konzept von Parallelwelten spannend?

Pans Labyrinth: Vom Film zum Buch

Kann es funktionieren, aus einem Film ein Buch zu machen? Diese Frage habe ich mir gestellt, als ich davon gehört habe, dass die deutsche Autorin Cornelia Funke die Verschriftlichung von Guillermo del Toros Meisterwerk Pans Labyrinth übernehmen wird. Da es zu meinen absoluten Lieblingsfilmen gehört, den ich für ein Essay im Zuge eines Seminars zu Fantasy und Fantastik im Studium mehrmals gesehen habe (einmal auch Sequenz für Sequenz), war ich gleichzeitig erfreut und skeptisch.

Positiv anzumerken ist direkt die Covergestaltung. Ich bin selten von einem Cover hin Weiterlesen

1984 und die Vergangenheit des freien Gedankens [Klassiker Vorstellung]

„Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen. Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit einem Faustschlag auf den Schädel weckt, wozu lesen wir dann das Buch? […] ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“

Dieses Zitat stammt von Franz Kafka und passt perfekt zu dem Gefühl, das George Orwells Klassiker 1984 in mir ausgelöst hat. Es hat sich wie ein Faustschlag angefühlt, der beim Fortschreiten des Buches immer stärker wurde. Ich habe schon einige Dystopien gelesen, doch keine konnte mit dem tiefgreifenden Pessimismus von 1984 mithalten. Der von Orwells erschaffene Überwachungsstaat lässt einen Schaudern, denn freie Gedanken sind untersagt. Was bleibt von dem Menschen übrig, wenn ihm seine Gedanken genommen werden? Ist der Mensch dann überhaupt noch ein Mensch? Jeder Weiterlesen

Warum mich „Den Mund voll ungesagter Dinge“ mit gemischten Gefühle zurückgelassen hat [Rezension]

Es gibt Bücher, die es schaffen einen vollständig zu begeistern. Dann gibt es Bücher, die in die Kategorie „in Ordnung“ fallen und welche, bei dem die Lesezeit einer Vergeudung der Lebenszeit gleichkommt. Wiederum andere lassen einen mit einem gemischten Gefühl zurück. „Den Mund voll ungesagter Dinge“ von der deutschen Autorin Anne Freytag habe ich auf der einen Seite geliebt und auf der anderen Seite sind mir einige Dinge negativ aufgestoßen. Warum das so ist, erzähle ich heute.

Zunächst einmal worum geht es?
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Warum The Hate U Give so wichtig ist [Buchvorstellung]

“Listen! The Hate U—the letter U—Give Little Infants Fucks Everybody. T-H-U-G L-I-F-E. Meaning what society give us as youth, it bites them in the ass when we wild out. Get it?” “Damn.” (Khalil, p. 21)

Unbewaffnet und ohne eine Gefährdung dazustellen, wird der 16-jährige Khalil von einem weißen Polizisten erschossen. Starr Carter ist die einzige Zeugin des Verbrechens – soll sie ihre Stimme erheben?

Über den Hintergrund. Die Ermordung des  22-jährige Oscar Grant im Januar 2009 Weiterlesen